<< Zurück

Josef Ramaseder. Verwehungen - Sporenstaubbilder

von 10. Juli 2021 bis 22. August 2021

Die Sporenstaubbilder des Linzer Künstlers Josef Ramaseder (geb. 1956) entstehen in einem langwierigen Arbeitsprozess, den dieser ständig weiter entwickelt. Das Experiment ist treibender Faktor seiner künstlerischen Arbeitsweise, indem Ramaseder wie ein Künstlerforscher beobachtet, dokumentiert, eingreift, aber auch geschehen lässt. Jeder Luftzug malt sozusagen mit und der gelenkte Zufall spielt eine tragende Rolle.

Die Sporenstaubbilder entstehen aus Unmengen an mikroskopisch kleinen Pilzsporen aus den Hüten von Riesenchampignons (Porto Bellos), die der Künstler en gros in Italien einkauft. In einem eigens gebauten Streukasten lässt er deren Sporen über einen längeren Zeitraum (mehrere Wochen) auf seine meist monochromen Leinwände rieseln und den Windströmungen folgen. Es entstehen tänzerisch schwebende Schlieren oder Verwehungen sowie verdichtete, klare Formen und gelenkte Raster. Jeder noch so schwache Luft-zug beeinflusst den Entstehungsprozess, den Ramaseder durch unterschiedliche Konstruktionen und Inter-ventionen lenkt. Am Ende werden die poetischen Kompositionen mit einem Fixativ festgehalten.

Ramaseders Sporenstaubbilder erinnern an Fotogramme (Rayographien / Rayogramme) des US Künstlers Man Ray, aber auch an Röntgenbilder. Der Prozess des gelenkten Verdichtens der Pilzsporen auf der Lein-wand ähnelt dem langen Belichten in der Fotografie – seine Arbeiten entstehen aber nicht in der Dunkelkammer. Die mykologische Malerei bietet viel Raum für Interpretationen wie den Vergleich mit Solarerup-tionen, die als kosmische Samenergüsse Abertrillionen an Mikropartikel ins All eruptieren, die bei ihrem Auf-treffen auf der Erdatmosphäre Polarlichter erzeugen, die als farbige Schlieren am nächtlichen Firmament tanzen.

Pilze sind für Ramaseder ein faszinierender Forschungsgegenstand der künstlerischen Auseinandersetzung, der noch lange nicht ausgereizt ist. Pilze sind weder Pflanzen noch Tiere, sondern eine eigene Lebensform aus Ein- und Vielzellern. Sie bilden weit verzweigte Kommunikationssysteme aus Myzelien, die eine Vorstufe des Gehirns von Säugetieren darstellen und zu den größten Organismen der Welt gehören. Durch ihre großräumige Vernetzung werden sie analog zum World Wide Web auch als Wood Wide Web bezeichnet.

Joseph Ramaseder studierte 1979–1983 an der Universität für angewandte Kunst in Wien bei Oswald Oberhuber. Er lebte als Künstler mehrere Jahre in New York und stellte in Deutschland, Frankreich, Bulgarien, Polen, Italien, Serbien, Tschechien, Island, Russland, China, Japan, Indien, Australien, im Iran und in den USA aus. In seiner Erforschung von Natur / Biologie mit künstlerisch ästhetischen Mitteln steht er aktuellen, internationalen Künstlern wie dem dänisch isländischen Olafur Eliasson nahe, der in seinen Installationen mit Nebel, Wasser, Licht, Bewegung und Reflexionen arbeitet.